UIHistories Project: A History of the University of Illinois by Kalev Leetaru
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Repository: UIHistories Project: Mathematical Models (1912 - German) [PAGE 87]

Caption: Mathematical Models (1912 - German)
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des Verstandes) auf die Wissenschaften, und gar auf die Mathematik zu iibertragen, so spricht doch viel dafiir, daft es im Grunde dieselbe schopferische Kraft des m e n s c h l i c h e n Geistes sei, die sich in Kunst und Wissenschaft betatigt. Das ist ja fraglos, daft in alien A n w e n d u n g e n der Mathematik eine moglichst umfassende Kenntnis des Gegenstandes die W a h l der mathematischen Methode erleichtert und den Gang der Untersuchung fordert. Aber manche wollen die Anwendungen von der ,,reinen M a t h e m a t i k " geschieden wissen, als deren Aufgabe dann das Verkniipfen von Zeichen nach vorgegeb en en Regeln zu betrachten ware, wobei m a n Geometrie undTeile der Mechanik dadurch einbezieht, daft m a n Begriffe, wie Ebene, Punkt, Kraft, die der Erfahrung entstammen, als Zeichen mit besonderen Verkniipfungen einfiihrt. W a s nun ist „Schaffen" in dieser abstrakten Mathematik? Soweit jene Regeln der Verkniipfung in einem vorhandenen Algorithmus festgelegt sind, bedingt ihr Gebrauch nur eine mechanische Tatigkeit. Wird aber eine weitlaufige Rechnung durch einen vereinfachenden Gedanken erspart, wird fur eine neue Aufgabe eine Zeichensprache (ein Algorithmus) neu erfunden oder eine vorhandene ihr angepafit, so ist dies schopferische Tatigkeit. U n d gerade in solchen Fallen ist „die voile Auffassung und Insichaufnahme" des ganzen in Betracht kommenden mathematischen Stoffes unentbehrlich, d. h. es betatigt sich ein unmittelbar anschauendes mathematisches Denken. Aufgabe des Unterrichts ist es, dieses Vermogen nach alien Richtungen hin auszubilden, in der Geometrie die Raumanschauung, in der Mechanik die Anschauung der Bewegungsvorgange und Kraftewirkungen, in der reinen Mathematik den Sinn fur die Zeichensprachen. In dem Gesagten sind schon die Absichten umschrieben, denen die Modelle wie die ,,Abhandlungena"dienen. Die Erweiterung der Sammlung auf Schulmodelle verfolgt das Ziel, schon beim allerersten geometrischen und Rechenunterricht auf die Anschauung aufzubauen. Die Abhandlungen von P. Treutlein geben iiber die Bedeutung und Art und reichliche Verwertung der Anschauung im mathematischen Unterricht Auskunft; sie gewahren, soweit notig, Anleitung zur Handhabung der Modelle und zeigen die Art des methodischen Betriebes bei ihrer Verwendung. Auch die Abhandlungen des Herausgebers enthalten solche Anweisungen und Erlauterungen (soweit sie nicht schon in d e m Text des ,,Verzeichnisses mathematischer Modelle" gegeben sind), wollen aber dariiber hinaus auf eine Umgestaltung des geometrischen Unterrichts an den Hochschulen in dem Sinne hinarbeiten, daft das allzu formalistische Verfahren durch ein inhaltsreicheres, rein anschauliches zuriickgedrangt werde. Dafiir bedarf es vorbildlicher Beispiele, indem an anerkannt wichtigen Stoffen gezeigt wird, wie m a n aus gewissen Grundanschauungen heraus Begriffe und Satze durch einfache Uberlegung gewinnen kann. Solche Beispiele liefert die Theorie der A b b i l d u n g e n und ihrer Gruppen, die E r z e u g u n g v o n K u r v e n u n d Flachen und die kinematische Geometrie, besonders die sonst nur wenig gepflegte des Raumes. Sie bieten dann auch eine anschauungsmafiige Grundlage mathematischer Zeichensprachen wie des Rechnens mit Abbildungsfolgen und der Behandlung DdesmUnendlichkleinen. a r s t a d t , im September 1911. H. Wiener.